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Meditation, Wissenschaft und der neugierige Verstand

Die Wahrheiten der Achtsamkeit, seit Jahrtausenden bekannt, finden heute Bestätigung im Labor. Diese ironische Wendung zeigt: Wahres Verstehen entsteht nicht durch Studium, sondern durch persönliches Erleben. Wie Thomas von Aquin erkannte, verblassen Worte gegenüber der Macht der Erfahrung.

Ein Zen-Meister sagte mal, dass das, was die Wissenschaft heute im Bereich der Achtsamkeit und Meditation erforscht und bestätigt, die alten Weisheitslehrer schon vor über 2000 Jahren wussten.

Bei dieser Aussage muss ich immer wieder schmunzeln. In der Tat. Über etwas zu forschen und zu reden ist das eine, über etwas wirklich zu wissen bzw. eine Erfahrung zu machen, das andere. So heißt es in einem Spruch: „Um zu wissen, wie der Tee schmeckt, muss man ihn probieren.“ Man kann viel über einen Tee reden und forschen, seine Inhaltsstoffe kennen und bis ins kleinste Molekül wissenschaftlich vorgedrungen sein, ohne ihn je gekostet zu haben.

Vom Thomas von Aquin, einem der einflussreichsten Philosophen und Theologen der Geschichte, wird berichtet, dass er nach einer tiefen Erfahrung einem seiner Mitbrüder folgendes gesagt haben soll: „Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe.“

Das Ziel in der Achtsamkeitsmeditation ist die Praxis bzw. die selbst gemachte Erfahrung. Alles andere ist letztlich nur Theorie. Diese ist für das Lehren und das Integrieren der Erfahrung sowie die Weiterentwicklung einer Übungsmethode im Nachhinein nicht unwichtig, aber vor der Theorie sollte die Praxis stehen. Heutzutage gibt es immens viele Studien, Bücher und Medienberichte über Achtsamkeit und Meditation. So manche Personen haben schon so viel darüber gelesen, dass sie ihren schon so vollen Kopf von Konzepten und Ideen noch mehr füllen und nicht freikriegen können und somit den Fortschritt ihrer Achtsamkeitspraxis erschweren. Hier ist weniger einfach mehr.

Da die meisten Menschen im Westen stark kopfgesteuert sind, brauchen sie oft einen anderen Zugang. Laut meiner Erfahrung genügt es nicht mehr, Interessierte an Meditation und Achtsamkeit wie in den früheren Jahrhunderten (wird teilweise aber auch heute noch gemacht) in einem Kloster in der Meditationshaltung sitzen zu lassen und ihnen ab und zu einen Hinweis zu geben. Das Leben ist komplexer geworden und die meisten kommen zur Praxis, weil sie was von Meditation und Achtsamkeit gelesen haben, neugierig geworden sind und praktische Lösungen für ihre Alltagsprobleme suchen. So ist es hilfreich, zunächst jeden abzuholen, da wo er steht und die wichtigsten Fragen zunächst zu beantworten. Unser westlich geschulter Geist ist sehr kritisch und möchte vieles hinterfragen. Und das ist auch gut so. Unsicherheiten, die durch so manche fehlerhafte Informationen oder dubiose Anbieter, von denen es nicht wenige gibt, entstanden sind, müssen dann abgebaut werden. Das fehlende Vertrauen kann hier unter anderem auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse aufgebaut werden.

Wenn ich in einem größeren Unternehmen einen Workshop halte, wollen die Interessenten, und vor allem das Management, eine fundierte und wissenschaftliche Erklärung zu Nutzen und Wirkung der Achtsamkeitspraxis. Ohne Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse stellt heute kaum ein Achtsamkeitstrainer die Praxis in Unternehmen vor. Für diejenigen, die wissen möchten, was bei der Meditation geschieht, stelle ich im Beitrag „Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Achtsamkeit und Meditation” einige interessante Berichte vor.