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Kontemplation in Kroatien

Bei einem Treffen mit Willigis Jäger diskutierten wir über die Entwicklung der Kontemplation in Kroatien. Highlight waren die Retreats auf der Klosterinsel Kosljun, die tiefe Einblicke in Achtsamkeit und Zen bieten. Willigis Jägers Aussage: „Ich habe nichts mehr zu sagen“, betonte die Bedeutung der Erfahrung über Worte hinaus.

Ein Tag vor Ostern bei wundervollem Wetter traf ich mich mit Neven Bradic, dem Kontemplationslehrer aus Kroatien, und Beatrice Grimm, eine der Nachfolgerinnen von Willigis Jäger und ebenso Lehrerin in der Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens“, zu Hause bei Willigis. Dabei sprachen wir über die Entwicklung der Kontemplation in Kroatien und den benachbarten Staaten des ehemaligen Jugoslawiens. Neven Bradic stellte dabei Willigis bekannte Bücher „Über die Liebe“, „Das Leben endet nie“ und „Kontemplation“ vor, welche er ins Kroatische bzw.  ins Serbokroatische übersetzt hatte. 

Die Entwicklung der Kontemplation in Kroatien schreitet gut voran und wird durch das vermehrte Angebot von verschiedenen Seminaren und der regen Publikation von Büchern und der Zeitschrift „Zajedno“, was man als „Zusammen“ oder auch als „für das Eine“ übersetzten kann, gefördert. Hier ist die Kontemplationsgruppe aus Zagreb seit Jahren sehr aktiv, die in Vergessenheit geratene Kontemplationspraxis aus dem Abendland wiederzubeleben.

Dies geschieht auch durch die von mir und Neven organisierten und geleiteten Reatreats auf der wunderschönen Klosterinsel Kosljun. Hier wurde ein Angebot geschaffen, bei dem Menschen aus unterschiedlichen Ländern sich für mehrere Tage der Achtsamkeitspraxis widmen können. An diesem fesselnden Ort, einem Franziskanerkloster aus dem 15. Jh. (ehemaliges Benediktinerkloster aus dem 9. Jh.) sind somit alle eingeladen in einer traumhaften und ruhigen Meereslage die Möglichkeit zu nutzen, die Praxis der Kontemplation und des Zen kennenzulernen und zu vertiefen.

Willigis erwähnte bei unserem Treffen des Öfteren einen Satz: „ich habe nichts mehr zu sagen, … ich habe alles gesagt“ und dabei hob er einen Finger in die Luft hoch. Passend zu dem Koan vom Zen-Meister Gutei, der immer, wenn er was über Zen gefragt wurde, nur einen Finger hochstreckte. Über Achtsamkeit kann man viel erzählen, aber am Ende sind die Worte nur der Finger, der auf den Mond zeigt. Der Mond, der in der östlichen Tradition die Erleuchtung symbolisiert. Die Bilder können nicht beschreiben, was erfahrbar werden muss. So kann man viel über einen Tee erzählen, über die Zusammensetzung und den Geschmack sprechen und in das kleinste Molekül wissenschaftlich vorgedrungen sein, ohne ihn je gekostet zu haben. 

Die Worte sind nur der Wegweiser, aber nicht der Weg, und schon gar nicht das Ziel. Es gilt immer nur der Augenblick. Das ist der gehobene Finger von Willigis.

Durch die Begegnung wurde mir noch einmal bewusst, wie wir als Gemeinschaft, und das gilt für alle Bereiche des Lebens, wesentlich mehr erreichen können als der Einzelne selbst. Dieses Mehr, gilt sowohl für die eigene persönliche Entwicklung als auch für den Beitrag zur Schaffung einer besseren Welt.

Zu Besuch bei Willigis Jäger (Ostern 2018)